Ein weiter, lohnender Weg

DAAD/Zeitz

Vor der Tagung fand in der Humboldt-Universität bereits die Mitgliederversammlung des DAAD statt

Eine prominent besetzte DAAD-Tagung in Berlin widmete sich der Frage, wie Deutschland noch mehr internationale Studierende gewinnen kann. Dabei wurde gezielt der Vergleich mit konkurrierenden Bildungsnationen gesucht.

Deutschland steht gut da im internationalen Vergleich: Mit 272.000 ausländischen Studierenden nehmen seine Hochschulen weltweit den dritten Platz ein – hinter den USA und Großbritannien. 350.000 internationale Studierende sollen es bis zum Ende des Jahrzehnts nach dem Willen der Bundesregierung werden. „Diese Zahl ist als Auftrag an uns alle zu verstehen. Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Hochschule und Förderorganisationen wie dem DAAD, das Studium in Deutschland für ausländische Studierende so attraktiv wie möglich zu machen“, sagte DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland zur Eröffnung der Tagung „Ausländerstudium im Wettbewerb“ in Berlin. Damit richtete sie sich an weit über hundert Vertreter deutscher Hochschulen. Sie waren in den Senatssaal der Humboldt-Universität gekommen, um darüber zu diskutieren, warum junge Leute zum Studium nach Deutschland kommen sollen, und welche Strategien andere Länder bei deren Rekrutierung verfolgen.

"Die Konkurrenz wird zunehmen"

Weltweit hat sich die Zahl ausländischer Studierender seit der Jahrtausendwende von 2,1 Millionen auf 4,3 Millionen verdoppelt. Prognosen versprechen weiteres Wachstum. Nicht nur Deutschland will an dieser Entwicklung Anteil haben, auch andere Länder verfolgen ehrgeizige Ziele. Neue Mitbewerber wie Malaysia und Südkorea möchten ihre Zahlen internationaler Studierender gar verdoppeln. „Im Vergleich mit anderen Ländern ist unser Ziel nicht sehr ambitioniert“, sagte Dr. Simone Burkhart, Leiterin der Gruppe Strategie beim DAAD. „Aber die Konkurrenz wird zunehmen.“ Um in diesem Wettbewerb mitzuhalten, plädiert sie unter anderem für mehr Werbung der Universitäten über die sozialen Medien. Außerdem müsse die Betreuung den Bedürfnissen der ausländischen Studierenden besser gerecht werden.

Erfolgsfaktor Verantwortungsgefühl

Neben den Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Studiums sind es nach DAAD-Befragungen nämlich hauptsächlich Kontakt- und Sprachprobleme, die Studierende als Hürden für den Studienerfolg benennen. Das Resultat sind hohe Abbruchquoten. 41 Prozent der Bildungsausländer beenden ihr Bachelorstudium ohne Abschluss. Besser sieht es im Masterstudium aus. Hier brechen nur 9 Prozent aller Bildungsausländer ihr Studium ab – und sind damit genauso erfolgreich wie ihre deutschen Kommilitonen. In Großbritannien ist man generell schon weiter: Hier schaffen 95 Prozent aller Auslandsstudierenden einen Abschluss. „Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist das große Verantwortungsbewusstsein der Hochschullehrer gegenüber ihren Studierenden“, sagte Dr. Andreas Hoeschen, der zuletzt die DAAD-Außenstelle in London leitete. Die Universitäten in Großbritannien sind auf die Zahlungen der Auslandsstudierenden angewiesen. Sie machen 30 Prozent des gesamten Studiengebührenaufkommens aus. Wenn die britische Regierung plant, die Zahl der internationalen Studierenden bis 2018 um bis zu 20 Prozent zu steigern, stehen finanzielle Aspekte im Vordergrund. Das ist auch in den USA der Fall, wohin es die Rekordzahl von 820.000 Auslandsstudierenden zieht. Anders als in Deutschland rekrutieren die US-Universitäten die Masse der Studierenden aus wenigen Herkunftsländern, berichtete Dr. Nina Lemmens, die Leiterin der DAAD-Außenstelle in New York. Über 40 Prozent kommen entweder aus China oder Indien.

Anders als in Großbritannien und in den USA spielen in Frankreich und Deutschland Einnahmen aus Studiengebühren keine Rolle. Einen entscheidenden Unterschied gegenüber Frankreich stellte Christiane Schmeken, Leiterin der Pariser Außenstelle des DAAD, dennoch fest: „Während die meisten für ein Bachelorprogramm nach Deutschland kommen, zieht Frankreich vor allem Masterstudierende und Doktoranden an. Mehr als 40 Prozent der Promovenden an französischen Hochschulen stammen aus dem Ausland." Politisch stehe in Frankreich die Steigerung des Studienerfolgs aller Studierenden im Fokus, unabhängig von deren Herkunft.

Auch über Abbrecherquoten werde in Frankreich anders debattiert. Man unterscheide nicht zwischen einheimischen und ausländischen Studierenden und suche deshalb, als Teil einer nationalen Integrationsstrategie, nach Lösungen für alle.

Die Gesellschaft profitiert

Die Sicht der Bundesregierung brachte Ulrich Schüller auf den Punkt: „Wir sehen uns in der Verantwortung, jungen Menschen aus vielen Ländern ein Studium in Europa zu ermöglichen“, sagte der Leiter der Abteilung Wissenschaftssystem im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dass die Universitäten durch diesen internationalen Austausch ihre Leistungsfähigkeit steigern und dass auch die Gesellschaft insgesamt profitiert, etwa angesichts des Fachkräftemangels, darin waren sich alle Diskutanten auf dem Podium einig. Zugleich warb Professor Dieter Lenzen, Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), für eine differenzierte Kosten-Nutzen-Diskussion: „Ja, die Internationalisierung bringt einen guten Geist“, sagte Lenzen. „Aber es wäre die falsche Politik, möglichst viel intellektuelles Potenzial aus dem Ausland abzusaugen.“

Forderung nach mehr Personal

DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel mahnte „Wir müssen Anreize schaffen, damit die Studierenden auch zu uns kommen, und der Studienerfolg muss verbessert werden.“ Ihre Forderung, dass die Universitäten dafür in Zukunft mehr Personal benötigen, quittierte das Publikum mit Applaus. Da die Abbrecherquote in den letzten Jahren bereits zurückgegangen ist, sieht Professor Sabine Kunst, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und ehemalige DAAD-Präsidentin, die Universitäten auf einem guten Weg, welcher aber noch zusätzliche Anstrengungen fordere: „Die Betreuung der Studierenden hat sich verbessert. Aber wir müssen dafür sorgen, dass die Abschlussquoten weiter steigen.“

Kristina Vaillant (7. Juli 2014)